Wenn ich vor der Herausforderung stehe, ein Gospelkonzert vorzubereiten, bei dem unsere Stimmen in mehreren Sprachen singen, dann ist das für mich immer eine aufregende Mischung aus logistischer Planung, kultureller Sensibilität und künstlerischer Leidenschaft. Solche Konzerte können unglaublich bewegend sein — sie verbinden Menschen über sprachliche Grenzen hinweg — aber sie erfordern auch sorgfältige Vorbereitung, damit der Ausdruck, die Verständlichkeit und die gemeinsame Energie nicht verlorengehen. Hier teile ich meine bewährten Schritte und praktischen Tipps aus jahrelanger Arbeit mit gemischten Ensembles.
Verstehen, warum Mehrsprachigkeit gewollt ist
Bevor ich Noten verteile, kläre ich mit dem Leitungsteam und den Sängerinnen und Sängern, warum wir mehrere Sprachen verwenden. Ist es, weil die Lieder aus verschiedenen kulturellen Traditionen stammen? Soll das Publikum direkt angesprochen werden? Oder möchten wir eine Botschaft der Inklusion senden? Wenn die Intention klar ist, lassen sich Entscheidungen zu Arrangement, Ansagen und Programmaufbau leichter treffen.
Repertoire-Auswahl: Balance zwischen Verständlichkeit und Authentizität
Die Liedauswahl ist zentral. Ich achte darauf, eine ausgewogene Mischung zu wählen: bekannte Gospels in der Sprache des Publikums, Stücke in Originalsprache und moderne Fusions-Stücke, die mehrere Sprachen kombinieren können. Bei traditionellen Stücken ist mir die sprachliche Authentizität wichtig; bei neueren Arrangements kann ich mit Übersetzungen oder Call-and-Response-Elementen arbeiten.
Wenn möglich, wähle ich Songs, die melodisch eingängig sind und repetetive Refrains haben — das erleichtert das Mitsingen und die Verbindung, selbst wenn nicht alle Worte verstanden werden.
Textarbeit: Übersetzungen, Transliteration und Bedeutung
Ein häufiger Fehler ist, Texte einfach in phonetische Schreibweise zu geben und zu erwarten, dass alles klappt. Ich investiere Zeit in drei Dinge:
Ich nutze dabei oft Tools wie DeepL oder Google Translate als ersten Schritt, lasse die Texte aber immer von Muttersprachlern oder Kulturträgern gegenlesen. Manchmal arbeite ich mit lokalen Gast-Sänger*innen zusammen, die Korrekturen und authentische Aussprachen beisteuern können.
Aussprachetraining und Atemtechnik
Die Aussprache ist das A und O. Ich plane mehrere Proben mit folgendem Fokus:
Hilfsmittel: Ich setze oft Sprachaufnahmen ein (z. B. mit dem Smartphone oder der App "Voice Memos") — Sänger*innen können sich selbst anhören und gezielt an Problemstellen arbeiten. Für intensivere Proben nutze ich Programme wie ForScore oder OnSong, um Noten und Texte auf Tablets zu verteilen.
Arrangements: klare Strukturen und Wiederholungen
Mehrsprachige Stücke profitieren von klaren, wiederkehrenden Elementen. Ich gestalte Arrangements so, dass Kernbotschaften oder Refrains wiederholt werden — idealerweise in der Sprache des Publikums. So bleibt die emotionale Botschaft auch dann erhalten, wenn einzelne Verse fremd klingen.
Konkrete Ideen:
Probenorganisation: Zeitplan und Rollenverteilung
Ich erstelle einen klaren Probenplan mit phasenweiser Konzentration: zuerst Text- und Aussprachearbeit, dann musikalische Einbindung, anschließend Bühnenpräsenz und Moderation. Hilfreich ist, bestimmte Personen als Sprachpaten zu bestimmen — Sänger*innen, die eine Sprache gut beherrschen und anderen bei Aussprache und Betonung helfen.
Bühnenpräsenz und nonverbale Kommunikation
Sprache ist nur ein Teil der Kommunikation. Wenn das Publikum nicht jede Zeile versteht, übernehmen Mimik, Gestik und Energie die Vermittlung. Ich arbeite mit der Gruppe an Blickkontakt, Gesten und chören Ausdrucksmomenten, damit die Intention des Liedes klar wird.
Ein Tipp: Kurze visuelle Anker (z. B. ein gemeinsames Handzeichen, eine Lichtänderung bei Schlüsselelementen) helfen dem Publikum, emotional mitzuziehen.
Moderation und Programmheft: Brücken bauen
Ich plane Moderationen und Programminhalte, die Sprache und Kontext erklären. Das kann so aussehen:
Wenn möglich, binde ich einen mehrsprachigen Moderator ein — das schafft Nähe und erleichtert den Wechsel zwischen Sprachen.
Technik und Klangbalance
Beim Soundcheck erkläre ich dem Tontechniker, welche Passagen besonders dynamisch sind und wo Soli oder Sprachen hervorgehoben werden sollen. Mikrofonwahl und -position sind wichtig: Sennheiser oder Shure-Headsets für Solostimmen; gute Monitormischungen, damit die Sänger*innen sich in den fremden Sprachen sicher hören. Rückkopplungsfreie Monitore (In-Ear, z. B. Shure SE) können besonders bei komplexen Wechseln Ruhe ins Klangbild bringen.
Publikumsbeteiligung und Inklusion
Gospel lebt vom Mitmachen. Ich integriere einfache Refrains oder Call-and-Response-Parts, die das Publikum mit einstimmen können — idealerweise in einer Sprache, die die meisten verstehen. Zusätzlich biete ich während des Konzerts kleine Übersetzungen an: ein Satz in Deutsch, dann der Refrain in der Originalsprache.
Respekt und kulturelle Verantwortung
Zuletzt ist mir wichtig zu betonen: Mehrsprachigkeit darf nicht oberflächlich sein. Ich respektiere die kulturellen Räume der Lieder und arbeite eng mit Angehörigen der jeweiligen Traditionen zusammen. Das bedeutet auch, kritisches Feedback anzunehmen und gegebenenfalls Arrangements anzupassen.
Ein mehrsprachiges Gospelkonzert zu gestalten ist Arbeit — aber die Momente, in denen Stimmen unterschiedlicher Herkunft zusammenkommen und das Publikum bewegt ist, sind die Mühe wert. Mit klarer Planung, sprachlicher Sorgfalt und einem Fokus auf Ausdruck und Respekt lässt sich eine berührende, inklusiv-kräftige Aufführung realisieren. Wenn du magst, kann ich in einem späteren Beitrag konkrete Musterprobenpläne oder ein Beispiel-Programmheft zum Download zur Verfügung stellen.